Daimler startet intensive Tests mit Brennstoffzellen-Lkw

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Daimler Trucks setzt bei der Elektrifizierung seiner Lkw für flexible und anspruchsvolle Fernverkehrseinsätze auf die wasserstoffbasierte Brennstoffzelle. Das Ziel sind Reichweiten von bis zu 1000 Kilometern und mehr mit einer einzigen Tankfüllung. Der Lkw-Hersteller hat Ende April mit intensiven Tests des ersten neuen, weiterentwickelten Prototyps seines 2020 vorgestellten Mercedes-Benz GenH2 Truck begonnen – und damit einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zum Serienprodukt erreicht.

Die Entwickler von Daimler Trucks prüfen den Brennstoffzellen-Lkw dabei auf Herz und Nieren. Im Fokus der für Fahrzeug und Komponenten höchst beanspruchenden, breit angelegten Versuchsreihen stehen unter anderem der Dauereinsatz, unterschiedliche Wetter- und Straßenbedingungen sowie diverse Fahrmanöver. Der Entwicklungsplan von Daimler Trucks sieht Tests auf öffentlichen Straßen noch für dieses Jahr vor. Der Beginn der Kundenerprobungen ist für 2023 geplant, ab 2027 sollen die ersten Serienfahrzeuge des GenH2 Truck an Kunden übergeben werden.

„Wir verfolgen konsequent unsere Technologiestrategie bei der Elektrifizierung unserer Lkw. Unser Ziel ist unseren Kunden je nach Anwendungsfall die besten lokal CO2-neutralen Lkw auf Basis von Batterien oder wasserstoffbasierten Brennstoffzellen anzubieten. Wir liegen voll im Plan und es freut mich sehr, dass die intensiven Tests mit dem GenH2 Truck erfolgreich gestartet sind.“ – Martin Daum, Vorsitzender des Vorstands der Daimler Truck AG und Mitglied des Vorstands der Daimler AG

Der wasserstoffbasierte Brennstoffzellenantrieb werde im CO2-neutralen Lkw-Fernverkehr der Zukunft unverzichtbar sein, so Martin Daum, Vorsitzender des Vorstands der Daimler Truck AG und Mitglied des Vorstands der Daimler AG. Dies bestätigen auch zahlreiche Partner, mit denen Daimler mit voller Kraft daran arbeite, die Technologie in Serie auf die Straße zu bringen. Darüber hinaus sorge das klare Bekenntnis von Seiten der Regulatoren auf nationaler und europäischer Ebene zum Einsatz von Wasserstoff im Straßengüterverkehrfür wichtige Impulse“. Die Unterstützung der Politik spiele „eine wichtige Rolle, um den Aufbau einer Infrastruktur für grünen Wasserstoff voranzutreiben und die Wirtschaftlichkeit von Brennstoffzellen-Lkw für unsere Kunden zu ermöglichen“, so Daum weiter.

Anspruchsvolle Tests für 1,2 Millionen Kilometer Laufleistung

Die Entwicklungsingenieure von Daimler Trucks legen den GenH2 Truck für dieselben Anforderungen an die Dauerhaltbarkeit von Fahrzeug und Komponenten wie einen vergleichbaren konventionellen Mercedes-Benz Actros aus. Das bedeutet: 1,2 Millionen Kilometer Laufleistung, zehn Betriebsjahre und insgesamt 25.000 Betriebsstunden. Daher muss der GenH2 Truck – genau wie jede neue Actros-Generation auch – anspruchsvolle Tests absolvieren. So hat das Fahrzeug allein in den ersten Testwochen bereits hunderte Kilometer unter Dauerlast auf dem Rollenprüfstand zurückgelegt und zahlreiche extreme Situationen aus der Betriebspraxis wie Vollbremsungen und Bordsteinkantenfahrten auf der Teststrecke durchlaufen.

Beim GenH2 Truck handelt es sich um ein von Grund auf neu konzipiertes Fahrzeug mit völlig neuen Komponenten, auf welche die Entwickler bei den Tests ihr besonderes Augenmerk legen. Dazu zählen das Brennstoffzellensystem, der vollelektrische Antriebsstrang und alle dazugehörigen Systeme wie beispielsweise die spezielle Kühlung.

Daimler-Mercedes-Benz-Wasserstoff-Brennstoffzelle-LKW
Daimler

Das individuelle Gewicht der neuen Komponenten und ihre jeweilige Position im Fahrzeug haben zudem Auswirkungen auf die Fahreigenschaften des Lkw. Dadurch wirken beispielsweise bei Schwingungen durch Straßenunebenheiten und vor allem in Extremsituationen andere Kräfte auf den Lkw als bei konventionellen Fahrzeugen. Um hier frühzeitig umfassende Erkenntnisse zu gewinnen wird bereits der aktuelle Prototyp – wie es auch für die Serienvariante des GenH2 Truck geplant ist – im Rahmen der Tests mit bis zu 25 Tonnen Zuladung für rund 40 Tonnen Gesamtgewicht beladen.

Flüssigwasserstoff bietet zahlreiche Vorteile

Daimler Trucks präferiert für den Antrieb flüssigen Wasserstoff, da der Energieträger in diesem Aggregatzustand im Gegensatz zu gasförmigem Wasserstoff eine deutlich höhere Energie­dichte in Bezug auf das Volumen aufweist. Dadurch kommt ein mit Flüssigwasserstoff betankter Brennstoffzellen-Lkw mit wesentlich kleineren und aufgrund des geringeren Drucks auch erheblich leichteren Tanks aus. Dies lässt einen größeren Laderaum und ein höheres Zuladungsgewicht der Lkw zu. Gleichzeitig kann mehr Wasserstoff getankt werden, was die Reichweite deutlich vergrößert. Somit eignet sich der Serien-GenH2 Truck wie entsprechende konventionelle Diesel-Lkw für schwer planbare, mehrtägige Fernverkehrstransporte, bei denen der tägliche Energiedurchsatz hoch ist.

Die Experten von Daimler Trucks treiben die Entwicklung der Flüssigwasserstoff-Tanktechnologien auf Basis eines vordefinierten Entwicklungsplans kontinuierlich voran. Die Ingenieure planen, bis Ende des Jahres den entsprechenden Reifegrad neuer Tanksystem-Prototypen zu erreichen, um mit diesen die laufenden anspruchsvollen Tests des GenH2 Truck fortzusetzen. Bis zur Serienreife sollen die Fahrzeug-Tests dann ausschließlich mit Flüssigwasserstoff-Tanksystemen durchgeführt werden. Für die bis dahin stattfindenden intensiven Tests des GenH2 Truck wird als interne Zwischenlösung ein Tanksystem mit gasförmigem Wasserstoff eingesetzt. Damit demonstriert Daimler Trucks, dass beide Varianten – gasförmig und flüssig – technisch umsetzbar sind.

Quelle: Daimler Trucks – Pressemitteilung vom 19.05.2021

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Farnsworth:

„wenn ich meinen 200 kWh Akku am 1MW Lader voll ballern kann“

Hand aufs Herz: Wie oft würdest Du das tun müssen? Du willst mir doch nicht erzählen, dass Du ständig 1.000km Touren am Stück machst, wo Du die nächsten 1.000km in 12 Minuten nachgeladen haben musst. Was für ein Quatsch. Oder redest Du auch von einem LKW?

Farnsworth

Daniel W.:

Sorry – wenn ich jetzt keinen größeren Kommentar dazu schreiben, denn bei …

„Die Entwickler von Daimler Trucks prüfen den Brennstoffzellen-Lkw dabei auf Herz und Nieren.“

… habe ich vermutlich einige Jahre Zeit bis Daimler zu einer Endscheidung kommt.

Für Scania ist die Sache klar – der rein batterie-elektrische Lkw-Antrieb ist „effizienter, robuster und günstiger“.

Dagobert:

Ist grundsätzlich natürlich alles richtig, lässt aber einfach den Vorteil außer acht, dass Wasserstoff als Energieträger irgendwo erzeugt und transportiert werden kann.
Die Speicherung von Grün erzeugtem Strom und auch der Netzausbau ist in Deutschland einfach ein schwieriges Thema. Beides muss aber gegeben sein um große Mengen Strom bedarfsgerecht an Autobahnraststätten und Ladeparks zu bringen.
Hier wünschen sich ja alle den ganz großen Stil. Ich bin sehr kritisch im Moment, aber auch ich habe nichts gegen batterieelektrische Mobilität, wenn ich meinen 200 kWh Akku am 1MW Lader voll ballern kann. Dabei bin ich mir sicher, dass das in 10-20 Jahren ganz normal sein wird.
Die Wasserstoff Technologie grundsätzlich beiseite zu wischen, finde ich kindisch. Sie wird z.B. für die Schifffahrt eine riesen Rolle spielen können.

Farnsworth:

Also die Physik und kein Bauchgefühl sagt, dass ein H2 LKW im Betrieb die 2,5 fache Energie benötigt. Irgendwo muss die Energie herkommen. Das sind zusätzliche Kosten, die bezahlt werden wollen. Die Elektrolyseure, die den notwendigen Wasserstoff bereitstellen müssen ja auch erstmal gebaut werden. Wenn Du also meinst, dass es ein Problem ist, dass ein LKW Schnelllader 1MW haben muss um einen LKW in 45 min zu laden, dann mach Dir bewusst, dass um einen H2 LKW in 45min zu betanken irgendwo ein Elektrolyseur stehen muss, der 2,5MW zieht. Jetzt könntest Du einwenden, dass Nachts ja kein LKW tankt und der das gleichmäßiger über den Tag verteilt herstellen kann. Das ändert aber nichts an der erforderlichen Energiemengen. Hast Du einen Elektrolyseur mit 100kW erzeugt der an einem Tag die gleiche LKW Reichweite wie ein 1MW Lader in einer Stunde.

Die Brennstoffzelle benötigt außerdem Wartung. Wie sich das rechnen soll erschließt sich mir nicht.

Farnsworth

Farnsworth:

Tatsächlich, laut Wikipedia werden bei Druckspeicherung bei 700bar 12% des Energieinhalts des gespeicherten Wasserstoffs gebraucht. Bei Flüssigspeicherung je nach Methode 26-48% +3% Boil Off Verluste pro Tag.

Das macht das Ganze noch unwirtschaftlicher.

Farnsworth

KleinFritzchen:

… sagt mir mein Bauchgefühl das Kosten/Nutzen bei Batterieelektrischen LKW nicht wirklich gegeben sein wird.

[-gähn-] Welchen Hund willst Du damit hinter dem Ofen hervorlocken?

Dagobert:

Ich halte die Brennstoffzelle für diesen Einsatzzweck für einen sinnvollen Weg. Ohne es durch gerechnet zu haben, sagt mir mein Bauchgefühl das Kosten/Nutzen bei Batterieelektrischen LKW nicht wirklich gegeben sein wird. Man stelle sich auch die enorme Ladeleistung vor, die benötigt werden um nach 4,5h Lenkzeit die Batterie in 45Min wieder für weitere 4,5h aufzufüllen. Ich werfe mal +1 MW in den Raum.
Ob die dafür benötigte Anschlussleistung ans Mittelspannungsnetz mit den Schnelladeplätzen für die PKW an der Autobahnraststätte konkurrieren sollte, ist auch noch so ein Punkt. Irgendwann ist halt Schluss.

Robert:

ich fürchte das wird nichts siehe auch den artikel von electrife,net dort steht
„Mit dem GenH2 Truck will Daimler Reichweiten von 1.000 Kilometern und mehr erreichen. Möglich soll das nicht nur die Brennstoffzelle, sondern auch der Einsatz von flüssigem, auf -253 Grad Celsius gekühltem Wasserstoff machen. Damit sind höhere Energiedichten als bei der Hochdruck-Speicherung von gasförmigem Wasserstoff erreichbar.“ Also das bedeutet wieder einen massiven Energieaufwand, kann mir nicht vorstellen das sich das für Spediteure sich rechnet das Problem ist einfach die Kostenfrage und die Effizienz

Farnsworth:

Flüssigwasserstoff scheint mir da, wo er schnell verbraucht wird sinnvoller zu sein. Im PKW ist man ja schnell davon weg, weil nach einer Woche Standzeit der Tank leer war. Ob sich das auf Dauer kostentechnisch gegen Batterieelektrische LKWs (evtl. sogar in Kombination mit Oberleitungen) durchsetzen kann steht auf einem anderen Blatt.

Farnsworth

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