China: Peking Auto Show zeigt die Zukunft der Mobilität

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Stefan Grundhoff
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  —  Lesedauer 4 min

Der Schock saß tief, denn auf der Auto China in Shanghai im April vergangenen Jahres hatten die zahllosen chinesischen Marken den europäischen Herstellern schmerzhaft ihre Grenzen aufgezeigt. Drei Jahre Corona-Abstinenz hatten BYD, Geely, Nio, Saic oder Geely wahre Flügel verliehen. Wie sieht es in diesem Jahr auf der Peking-Show aus?

Diesmal waren gerade die deutschen Marken deutlich besser vorbereitet, denn so etwas wie 2023 sollte nicht noch einmal passieren. Und doch war die Anspannung bei vielen Verantwortlichen von Volkswagen, BMW, Audi oder Mercedes deutlich zu spüren – zu groß ist Schlagzahl der chinesischen Hersteller auf dem gigantischen Heimatmarkt und zu wichtig der seit langem größte Autohandelsplatz der Welt für Absatz und Ertrag aller.

„Die Produktpalette von Audi ist stark“, unterstreicht Audi-CEO Gernot Döllner, „wir haben einen klaren Plan für die Lokalisierung und Regionalisierung unserer Modelle und haben mit unseren Partnern FAW und SAIC alle Voraussetzungen, um ein starker Player auf dem chinesischen Markt zu bleiben.“ Doch wirklich verändert haben sich weder die Rahmenbedingungen noch die Situation für die europäische Hersteller. Zugegeben präsentiert Audi in China erstmals seinen so wichtigen Q6 L e-tron in der chinesischen Langversion, Mercedes zieht das Tuch von seiner elektrischen G-Klasse und BMW zeigt neben dem dezent aufgefrischten i4 mit der Neuen Klasse erstmals auch in China den Ausblick auf den kommenden i3 als Nachfolger des 3ers.

Doch wirkliche Reißer als echte Neuheiten suchen die meisten Besucher bei den europäischen Marken auf der wichtigsten Automesse des Jahres vergeblich. Lamborghini präsentiert seinen hybriden Urus SE mit mehr Leistung und elektrischer Reichweite, Mini enthüllt mit dem Aceman seinen elektrischen Einstiegs-Crossover und Porsche glänzt mit dem Schwestermodell des Audi Q6 / Q6 L Etron, dem Elektro-Macan. Noch mehr Aufmerksamkeit bekommt der VW ID.Code. Der ist zwar nur eine 4,90 Meter lange Konzeptstudie aus Wolfsburg, soll jedoch eine neue Designlinie einläuten und Lust machen, auf elektrische Modelle, die schicker daherkommen als die bisherigen ID-Fahrzeuge. Erste Serienmodelle sollen sich zumindest in China noch dieses Jahr ankündigen.

„Der ID.Code gibt einen ersten Ausblick auf die Zukunft von VW in China: mit neuem Design, neuem Technologie-Standard und einem ganzheitlichen Markenerlebnis – speziell ausgerichtet auf die Bedürfnisse und Wünsche unserer chinesischen Kunden“, sagt Volkswagen-CEO Thomas Schäfer, „so läuten wir eine neue Ära der Mobilität in China ein, gemeinsam mit unseren chinesischen Partnern.“

Chinas Hersteller sind in einer ganz anderen Liga unterwegs

Doch auch wenn die deutschen Topmanager sich in Peking betont selbstbewusst geben – die Messeauftritte der chinesischen Heimspieler sind in einer ganz anderen Liga unterwegs. Zahllose Messestände mit mächtigen Großbildschirmen, zu schmalen Gängen und zu viele Neuheiten – die Messe in Peking ist deutlich kompakter als das gigantische Gegenstück in Shanghai, das nächstes Jahr entsprechend dem Turnus wieder die Auto China ausrichtet. Doch die Volumenmarken heißen auch hier Changan, SAIC, MG, Roewe, BAIC, Robocar oder der chinesische Marktführer BYD, der in Peking überraschend wenig Neues zu bieten hat.

Die allgegenwärtigen SUV präsentieren sich zumeist größer als in Europa, kleine Fahrzeuge sind in den acht Messehallen kaum zu finden. Stattdessen versuchen einige China-Marken mit mächtigen Kühlergrillen, Chromornat oder Extravaganzen wie Flügeltüren Aufsehen zu erwecken. Nach Europa schaffen es von den namenlosen Crossover-Modellen wohl ebenso wenige wie von den betont rustikalen Geländewagen, die eher an Panzerspähwagen, denn an zahme SUV erinnern.

Sind Edelvans der nächste große Trend?

Ein Trend scheint sich auch in Peking zu manifestieren: Allenthalben parken im hellen Scheinwerferlicht luxuriöse Edelvans nach Vorbild von Lexus LM oder Volvo EM90, die bald auch den Sprung nach Europa schaffen dürften und die Luxuslimousinen unter Druck setzen. Neue Modelle wie Li Mega, Xpeng X9 oder ein Zeekr Mix gehen hier noch einen Schritt weiter in Richtung Luxusjet auf Rädern mit viel Aufenthaltsqualität – für die Staus von morgen.

Reine Verbrenner gibt es zwar kaum zu bestaunen, doch Plug-in-Hybride haben an den gleißend hell illuminierten Messeständen eine zentrale Bedeutung. Das mag schon deshalb kaum überraschen, weil beispielsweise BYD – der Volkswagen nach fast vier Jahrzehnten die Marktführerschaft in China aus den Händen riss – allein einen PHEV-Anteil von fast der Hälfte seines Absatzes hat. Dem hat gerade die Konkurrenz aus Europa kaum etwas entgegenzusetzen, weil man auch in China entweder auf Elektromodelle oder reine Verbrenner setzte.

Erst langsam wird hier korrigiert, weil die chinesischen Kunden die Kombination aus solidem Verbrenner und einem zusätzlichen Elektroantrieb mit teils deutlich mehr als 100 Kilometern Reichweite im Alltag sehr zu schätzen wissen. Kaum ein heimischer Hersteller auf der Auto China, der keine Plug-in-Hybride anbietet – bisweilen mit bis zu 250 Kilometer an elektrischer Reichweite. Dabei hatten gerade in Europa viele den Hybridtrend schon abgeschrieben.

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist Firmeninhaber und Geschäftsführer von press-inform und press-inform consult. Er ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.
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