BYD Atto 3: Chinas Alternative zum VW ID.4?

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Build your Dreams (BYD)

Jürgen Wolff
Jürgen Wolff
  —  Lesedauer 5 min

Es ist nicht das erste Mal, dass es einen chinesischen Autohersteller nach Europa drängt. Bislang mit eher unrühmlichem Ausgang. Nun versucht es BYD rein mit Elektroautos. Der erste Eindruck des Atto 3: Könnte klappen.

Er ist einer von Dreien, mit denen der chinesische Automobilhersteller BYD („Build your dreams“) ab Herbst den europäischen Markt für Elektrofahrzeuge aufrollen will: Das kompakte SUV mit dem gewöhnungsbedürftigen Namen Atto 3. Bislang sind so ziemlich alle Versuche aus dem Reich der Mitte gescheitert, hierzulande Fuß zu fassen. Great Wall etwa trat vor Jahren schnell wieder den Rückzug an, nachdem eines seiner SUV beim ADAC-Crashtest buchstäblich zerbröselte. Und Brilliance nahm es mit der Sicherheit in seinen Autos nicht so genau und verabschiedete sich nach einem kurzen Intermezzo schnell wieder.

Build your Dreams (BYD)

BYD allerdings könnte gekommen sein, um zu bleiben. Ein guter Beleg dafür ist der Atto 3, ein kompaktes SUV von 4.455 mm Länge, 1.875 mm Breite und 1.615 mm Höhe, sprich ähnlich lang und hoch wie ein VW ID.4. Vor allem aber: BYD liefert auf den ersten Eindruck hochwertige Qualität bei Material und Verarbeitung und lässt sich auch beim frischen und modernen Design einiges einfallen.

Schon beim Einstieg wird das deutlich. Dank des Radstandes von 2.720 mm sind nicht nur die Überhänge vorne und hinten kurz, auch die Passagiere haben – vor allem vorne – gut Platz. Die Materialien fühlen sich hochwertig an, blankes Blech ist nicht zu finden und die Sitze aus Kunstleder sind körpergerecht geformt. Ein Glasschiebedach ist serienmäßig und sorgt für viel Licht im Innenraum.

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Das geschwungene Cockpit wird beherrscht von einem gut ablesbaren Flattscreen in iPad-Größe. Es lässt sich auf Knopfdruck von der Horizontalen in die Vertikale drehen. Vor dem Fahrer ist fest auf der verstellbaren Lenkachse ein kleiner Monitor montiert, der unter anderem die gefahrene Geschwindigkeit anzeigt. Der Automatikhebel zwischen den Sitzen erinnert an den Schubhebel eines Flugzeugs. Die üppigen, runden Lüftungsdüsen blasen viel Luft in den Innenraum. Optisch eigenwillig rund auch die Türöffner. Was darunter in den Seitentaschen der Türen liegt, wird durch drei Spanngummis gehalten, die wie Gitarrensaiten aussehen. Der Laderaum fasst gute 440 Liter im Normalzustand und 1.338 Liter bei umgelegten Rücksitzlehnen. Die Sitze hinten sind nicht gerade bequem und die versprochenen drei Passagiere dort finden nicht wirklich genug Platz – aber das ist bei europäischen Fahrzeugen dieses Segments auch nicht besser.

Angetrieben wird der Atto 3 von einem 150 kW / 204 PS starken Elektromotor über die Vorderräder. Eine Allradoption gibt es nicht. Immerhin schafft er es damit und dank des konstant anliegenden Drehmoments von 310 Nm sanft und zügig binnen 7,3 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Bei 160 km/h ist die Höchstgeschwindigkeit erreicht. Damit liegt er im üblichen Bereich seiner Fahrzeugklasse. Das von BYD selbst entwickelte 8-in-1-Antriebsmodul soll einen Wirkungsgrad von 89 Prozent schaffen. Die Reichweite liegt bei 420 Kilometern, bei reinem Stadtverkehr sind es sogar 562 Kilometer.

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Der Atto 3.0 ist BYDs erstes Fahrzeug, das auf der e-Plattform 3.0 aufsetzt. Den Strom für sein noch 400-Volt- und bald 800-Volt-Bordsystem zieht der einst reine Batterieproduzent BYD aus einem selbst entwickelten LFP-Akkupack. Das „Blade-System“ mit seinen großvolumigen Zellen ist konstruktives Teil der Karosserie und gilt nicht nur als sehr sicher, sondern auch als sehr energieeffizient. Außerdem wird kaum noch Lithium benötigt. Die Speicherkapazität liegt bei netto 60,48 kWh. An der Ladesäule braucht es 29 Minuten, um den Akku von 30 auf 80% zu füllen. Es könnte rein technisch deutlich schneller gehen – allerdings schickt BYD seine Autos nur mit einer gedrosselten DC-Ladeleistung von 85 kW nach Europa. Zum Vergleich: Bei VW fließt der Gleichstrom an der DC-Säule mit 130 kW in den Akku.

Dank der üppigen Akkus liegt der Schwerpunkt des Atto tief – was zu einem ausgezeichneten Fahrverhalten beitragen dürfte. Auf den paar Kilometern holpriger und kurviger Rundstrecke, auf denen wir mit dem Atto unterwegs sein konnten, zeigte er sich als sehr gelassen in der Federung und spurstabil in den Kurven. Das allerdings nur als ersten Eindruck, ausführlichere Fahrtests sind noch fällig. Immerhin: BYD hat auch europäische Zulieferer ab Bord, darunter Brembo, Bosch und ZF. Zahlreiche Assistenzsysteme sind an Bord, inklusive Bedienung per Sprachbefehl.

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Bleibt der europäische Preis für den Atto 3. Daraus macht BYD noch ein großes Geheimnis und will erst zur Paris Motor Show im Herbst damit herausrücken. Bleibt bis dahin also nur der Blick auf Märkte außerhalb Chinas, in denen der Atto bereits verkauft wird. Australien zum Beispiel. Dort gibt es ihn in zwei Versionen, die sich in der Reichweite unterscheiden. Die normale Version kostet $ 44,381 (Australien), das wären umgerechnet knapp € 31.000. Damit wäre BYD auch in Europa in einer deutlich konkurrenzfähigen Position. Der VW ID.4 zum Beispiel startet 10.000 Euro teurer. Dazu kommt, dass BYD in Australien sieben Jahre Garantie anbietet.

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Jürgen Wolff

Jürgen Wolff

Jürgen bewegt sich im Umfeld der E-Mobilität und gibt in seinen Fahrberichten Einblicke auf den tagtäglichen Einsatz von E-Autos als auch Plug-In-Hybriden. Er selbst ist für press:inform tätig.
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Markus:

Der BYD macht auf den ersten Blick einen guten Eindruck, mich stören jedoch die schlechte Geräuschdämmung, der Windgeräusche und die Klimatisierung. 4 Tage bei Regen und niedrigen Temperaturen gefahren. Habe noch kein Auto erlebt wo die Scheiben derart schnell beschlagen. Fährt sich eher wie ein Verbrenner.

Chris:

Warum gibt es denn nicht Mal eine Option auf ein größeres Batterie Paket bei allen Chinesen und warum ist gleichzeitig die DC Ladeleistung so mies? VW glänzt ja noch nicht mal mit den lächerlichen 130 kW im Vergleich zu Kia und Hyundai….

Spock:

Die chinesischen Autos sind von der Verarbeitung her auf europäischen Nivau. Habe einige gesehen und auch selbst gefahren. BYD wird sich den Preisen hier anpassen und sich darüber am Markt nicht absetzten können.Was mich speziell beim Atto 3 stört sind die recht kurzen Wartungsintervalle zu nicht günstigen Preisen. Ich hatte das hier an anderer Stelle bereits geschrieben, dass das auch bei deutschen und anderen Herstellern so ist, aber wohl eher um die Werstätten der Händler zu stützen. Mal abwarten wie sie sich schlagen.

Groß:

Die Chinesen denken beim Auto bauen wie Tesla und gehen andre Wege.
Diese Wege macht sie erfilgreicher als die veraltete deutsche Autoindustrie. Und wenn dann noch wie bei VW die Konzernspitz welche dies erkannt hat gegen konservativere Austauschen dann öffnen si damit ihr eigenes Grab.
Die deutsch Automobilindustrie ist einfach nicht mehr die Nummer 1.
Jetzt zurück zu BYD.
BYD ist nicht der Autobauer mit der besten Qualität, kann aber mit der aus kostengründen reduzierten Qualität von den deutschen Herstellern mithalten.
Viele werden die chinesische Autos als minderwertig betrachten.
Aber genau so viele wissen nicht, dass die bei deutschen Konzernen einkaufen gehen.
Es werden noch mehr Hersteller und mit einer besseren Qualität von China aus auf den europäischen bzw. deutschen Markt kommen.

Deutsche Automobilindustrie zieht euch warm an, denn ihr habt die Zeichen der Zeit verschlafen und wollt die Zeit jetzt zurückdrehen. Das geht aber nicht mehr.

Stefan:

Die Chinesen werden kommen, wenn nicht jetzt bei dem E-Auto Boom, wann dann?
Ich kenne mich mit Chinesen nicht aus, aber die Elektronik scheinen Sie gut zu beherrschen, die Stabilität der Zellen wird sich zeigen. Wenn die aber durchkommen, dann… liebe Europäer, zieht euch warm an!

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