Wohin sich der Batteriemarkt bis 2030 entwickeln wird

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 5 min

Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI hat eine neue Roadmap zu Lithium-Ionen-Batterien erarbeitet, sie konzentriert sich auf die Skalierungsaktivitäten der Batterieindustrie bis 2030 und betrachtet mögliche technologische Optionen, Ansätze und Lösungen für die Bereiche Materialien, Zellen, Produktion, Systeme und Recycling. In der neuen Studie (verlinkt als PDF) werden insbesondere drei Trends untersucht: Die Produktion von leistungsoptimierten, kostengünstigen und nachhaltigen Batterien.

Der Markt für Lithium-Ionen-Batterien wächst weiter: Im Jahr 2023 könnte der globale Absatz erstmals die Marke von 1 TWh überschreiten, so das Fraunhofer ISI in seiner Mitteilung. Bis 2030 dürfte sich die Nachfrage auf mehr als 3 TWh mehr als verdreifachen, was zahlreiche Auswirkungen auf die Branche, aber auch auf die Technologieentwicklung und die Anforderungen an Batterien hat. So schreiben beispielsweise die jüngsten gesetzlichen Bestimmungen bei Batterien ein deutliches Plus an Nachhaltigkeit vor. Der massenhafte Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien in Elektroautos hat die Frage des Batteriepreises in den Vordergrund und eher technische Faktoren wie Energiedichte und Reichweite in den Hintergrund gedrängt.

Die neue Roadmap des Fraunhofer ISI befasst sich in diesem Kontext mit den „Industrialisierungsperspektiven bis 2030“ und stützt sich bei ihren Analysen insbesondere auf Industrie-Roadmaps und andere Ankündigungen zur Produktion oder Nutzung bestimmter Technologien. Die Roadmap wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierten Projekts BEMA II erstellt.

Erster Trend: Leistungsoptimierte Batterien

Die Studienergebnisse für den ersten Trend hin zu leistungsoptimierten Batterien zeigen, dass es in den kommenden Jahren ehrgeizige Entwicklungsziele gibt, um insbesondere bei den Parametern Energiedichte und Schnellladefähigkeit deutliche Verbesserungen zu erzielen. Für einige Flaggschiff-Fahrzeuge sollen die Laderaten auf 4C und damit in den Bereich von 10 bis 20 Minuten Ladezeit beschleunigt werden.

Um diese Ziele zu erreichen, setzt die Industrie auf Hochnickelkathoden, Siliziumanoden und neue Zell- und Packdesigns, die den Platzbedarf, die thermische Kopplung und die Sicherheitseigenschaften verändern. Auf Systemebene bietet unter anderem die 800-Volt-Technologie einen neuen Weg zur Verbesserung der Batterieleistung.

Zweiter Trend: Batteriekosten senken

Ein zweiter bedeutender und vielleicht noch wichtigerer Trend, so das Fraunhofer ISI, besteht in der Senkung der Batteriekosten. Die Roadmap unterstreicht, dass das Kostenziel auf der Ebene der Batteriepacks immer noch deutlich unter 100 Euro je kWh liegt, was eine Senkung um 30 bis 50 Prozent im Vergleich zu den heutigen Kosten bedeuten würde. Die Industrie will dieses Ziel durch die Nutzung sowohl kobalt- als auch nickelfreier Materialien, die Standardisierung von Zellen und die Direktintegration ins Batteriepack erreichen.

Auch neue Produktionsprozesse könnten dazu beitragen, sowohl durch den Hebel der Energie- und Anlagenkosten als auch über eine Standardisierung der Fabriken selbst. Auch zeigt sich bei den Kosten, dass Technologien eben doch nicht unbedingt Standortneutral sind. Niedrige Batteriekosten könnten auch durch die Verlagerung von Fabriken an günstigere Produktionsstandorte erreicht werden.

Dritter Trend: Nachhaltige Batterien herstellen

Der dritte Trend, die Herstellung nachhaltiger Batterien, gewinnt durch die EU-Batterierichtlinie, aber auch durch eine wachsende Zahl von Automobilherstellern an Dynamik. Nachhaltigkeit kann viele Faktoren betreffen, von der Rohstoffgewinnung bis hin zur Produktion und Nutzungsszenarien. In den kommenden Jahren durfte sich die industrielle Entwicklung eher auf Zelltechnologien und Produktionstechnologien fokussieren, von denen einige sogar Nachhaltigkeit, etwa einen geringen CO2-Fußabdruck, mit niedrigen Kosten kombinieren.

Dazu zählen eisen- und manganbasierte Kathoden, eine wasserbasierte oder trockene Elektrodenprozessierung und die Rückgewinnung von Materialien am Batterielebensende durch Recycling. Auch der Produktionsstandort spielt eine wichtige Rolle für die Nachhaltigkeit, da er von Faktoren wie dem verfügbaren Energiemix und der Entfernung zu vor- und nachgelagerten Produktionsstätten beeinflusst wird.

Batterien mit klaren Profilen und Anwendungsfällen

Die drei in der Studie diskutierten Schlüsseltrends stehen teilweise im Widerspruch: Hohe Performance ist manchmal teuer und die hohe Priorität eines geringen ökologischen Fußabdrucks kann zum Beispiel die Nutzung einiger Technologien einschränken. Folglich sollte die Industrie hier diversifizieren und Batterien mit klaren Profilen und Anwendungsfällen herstellen.

Zellhersteller, Autohersteller, Start-ups und ihre Joint Ventures wollen bis 2028 eine jährliche Zellproduktionskapazität von mehr als 10 TWh aufbauen. Berücksichtigt man die Wahrscheinlichkeit für die tatsächliche Umsetzung und typische Verzögerungen, scheinen bis zu 5 TWh realistisch zu sein. Was die Produktion von Anoden- und Kathoden-Aktivmaterialien betrifft, so wurden für 2028 etwa 3 TWh angekündigt, was näher am prognostizierten Batteriebedarf der Anwendungsmärkte von 2 bis 3,5 TWh liegt.

Wie sich die Batterierecyclingkapazität entwickeln wird, ist noch unklar. Alle Ankündigungen der letzten Jahre zeigen ein asymmetrisches Bild entlang der Wertschöpfungskette von Lithium-Ionen-Batterien, in der der Schwerpunkt lange auf der Zellproduktion lag. Im Bereich der Materialien und Komponenten hat die Industrie noch Nachholbedarf.

Europa auf dem Weg zur Selbstversorgung?

Dr. Christoph Neef, wissenschaftlicher Koordinator der Studie, sieht Europa auf einem guten Weg, ein wichtiger Akteur in der globalen Batteriezellenproduktion zu werden: „In Europa gibt es Pläne zum Aufbau von Zellproduktionskapazitäten in Höhe von 1,7 TWh aufgrund einer steigenden Elektrofahrzeug-Produktion. Berücksichtigt man die Realisierungswahrscheinlichkeit und mögliche Verzögerungen, scheint bis 2030 rund 1 TWh realistisch zu sein“, sagt Neef. Die Zahlen für Europa bestätigen demnach den globalen Trend einer starken Konzentration auf Projekte und Investitionen in die Zellproduktion. „Das Ziel, 30 Prozent der weltweiten Zellproduktion auf europäischem Boden anzusiedeln, könnte erreicht werden.“

Neef fügt allerdings hinzu, dass Europa bei der Produktion von Anodenmaterialien schwach bleiben dürfte und weiter auf Importe angewiesen sei. Auch andere Lücken bestünden fort, etwa bei passiven Zellkomponenten oder der Schlüsseltechnologie Lithiumeisenphosphat, die für kostengünstige Batterien extrem wichtig ist. Bisher ist der Ausbau der Produktionskapazitäten und die Frage, welche Hersteller diese Technologie in der Zellproduktion abdecken könnten, noch ungeklärt. Ebenso hat sich noch kein Materialhersteller verpflichtet, nennenswerte Kapazitäten für Siliziummaterialien aufzubauen, die als Batterie-Technologie der nächsten Generation gelten.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, spielen Investitionen sowie gute Investitionsbedingungen, aber auch niedrige Energiekosten und qualifizierte Arbeitskräfte eine wichtige Rolle, so das Fraunhofer ISI. Die Straffung bürokratischer Prozesse und die Verringerung zeitaufwändiger Verfahren sowie staatliche Subventionen und Finanzierungsmechanismen könnten dazu beitragen, mehr industrielle Akteure anzulocken und so für gleiche Wettbewerbsbedingungen mit außereuropäischen Länder sorgen.

Quelle: Fraunhofer ISI – Pressemitteilung vom 18.12.2023

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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brainDotExe:

Du sagst es selbst. Wenn man den Wagen als Oldtimer weiter nutzen will.
Btw. Oldtimer fängt bei 30 Jahren an.

Ralf:

Also wenn Rost bei heutigen Elektro-Autos nach 15 bis 20 Jahren ein Thema wäre, dann wäre das wohl ein Rückschritt gegenüber der Benzinerwelt, was ich allerdings auch nicht glaube. Elektronische Komponenten sind in der Regel relative einfach zu tauschen. Das teuerste ist eben nach wie vor die Batterie. Ich weiß auch nicht warum man ein 50 bis 100k teueres Auto nach 15 Jahren recyclen möchte. Das mag im Sinne der Industrie sein, dass man sich regelmäßig einen Neuwagen kauft, aber sicherlich nicht im Sinne der Nachhaltigkeit.

Johannes:

Ich stimme zu dass es wahrscheinlich eher ein Nischenmarkt bleiben wird. Beim Nissan Leaf ist es aber heute schon gängige Praxis, die doch recht reichweitenschwachen Akkus der 1. Generation (20 kWh nutzbar) durch den 40 oder sogar 62 kWh Akku zu tauschen. Nissan hat die äußeren Gehäusemaße beibehalten und das BMS Protokoll ist praktisch öffentlich einsehbar.
Es gibt eine Paarung des Autos mit dem BMS, die sich aber einfach umgehen lässt. Hat wahrscheinlich was mit der Garantie zu tun. Die Hersteller sollten aber verpflichtet werden, solche Mechanismen abschaltbar zu machen, ähnlich dem Rooting bei Smartphones

Gregor:

Hm…im 1HJ2024 werden 4 bis 5C Akkupacks als Serie.im Auto eingebaut. Auf der Straße sind hier immerhin schon einige Packs in Serie zu laden.

Was noch ein extrem wichtiger Punkt ist, ist der 2nd Use. Akkus mit Degradation sind noch klasse Stationäre Speicher. Bei den Massen an Akkus die hier in 3 bis 5 Jahren „alt“ sind, wird das ein extrem guter zusätzlicher Markt werden.
Und Akku Replacements für 5k bis 10k werden auch Normalität werden.

DarkestMage:

Ralf, warum sollte jemand bei einem 15-20 Jahre alten EV motiviert sein, den Akku zu tauschen? Alleine das Thema Rost dürfte der weiteren Nutzung im Wege stehen, Steuerelektronik und andere Schelmereien noch gar nicht mit eingerechnet.

Wenn man den Wagen als Oldtimer erhalten möchte, ok. Aber der normale Nutzer wird sich einfach einen anderen gebrauchten oder neuwagen zulegen, da alles andere einfach wirtschaftlich keinen Sinn macht. Insofern scheint mir ein Fokus auf recyclingfähigkeit deutlich zielführender.

Ralf:

Ein Punkt der wirklich fehlt bei der ganzen Akku-Entwicklerei ist meines Erachtens eine offene Strategie eines jeden E-Auto-Herstellers, wie Akkus, die ausgealtert sind und ersetzt werden müssen auch nach Jahrzehnten noch problemlos durch neue Akkus mit möglicherweise verbesserter Technologie/Chemie ersetzt werden können, und zwar nicht nur durch den E-Auto-Hersteller selbst, sondern z.B. durch Dritthersteller. Dazu würde gehören, dass E-Auto-Hersteller verpflichtet werden ihr jeweils genutztes BMS (Batterie-Managementsstem) offen zu legen, so dass Dritthersteller eine Chance bekommen eigene Modulentwicklungen durchzuführen und anbieten zu können. Vielleicht sollte hier einmal die Politik eingreifen?

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